Am 21.11.2013 fand die außerordentliche Mitgliederversammlung der Fachvereinigung Personenverkehr e.V. im Hotel Munte statt. Nachfolgend einige Informationen über Inhalte, aber auch über offen gebliebene Fragen. Die ungewöhnlich gut besuchte Veranstaltung zeugte insgesamt von einem erheblichen Vorbereitungsrückstand, denn laut Buchholz müssten z. B. mindestens 137 Konzessionen in Bremen eingezogen werden, um das Gewerbe zukünftig mit Mindestlohn und Fiskaltaxameter wirtschaftlicher zu machen.
Zunächst stellte der Vorsitzende des Taxi-Ruf, Fred Buchholz, die bisherigen Entwicklungen mit Blick auf das Fiskaltaxmeter dar. Von den Anfängen der Schwarzarbeitskontrollen der Zollverwaltung in Hamburg über den Sachstand der dortigen Nutzung des Fiskaltaxameters bis hin zu angeblich offenen Fragen der Datenübertragung, Speicherung und vor allem der Möglichkeiten einer Korrektur der erhobenen und gespeicherten Daten. Fred Buchholz verwies dabei auf die seit 2010 unveränderte und bekannte Sachlage sowie auf die Einführung bis zum Ende des Jahres 2016. Die technische Realisierung sei noch ungeklärt.
Das vermittelte Fazit: 'Abwarten und Ruhe bewahren' scheint allerdings vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Auswirkungen unangemessen bis gefährlich. Es erscheinen die seitens Fred Buchholz erwähnte mögliche Flucht in das Mietwagengeschäft als ebenso unwahrscheinlich wie gar die Vermutung, das Fiskaltaxameter könne aufgrund der technisch offenen Fragen sogar seitens der Verwaltung verworfen werden.
Im Ergebnis erfuhren die anwesenden Mitglieder der Fachvereinigung also weder Neues, noch wurde ein vorbereitendes Konzept als Antwort zur kommenden Einführung präsentiert.
Wohl aber wurden die weiteren Tagesordnungspunkte 'Mindestlohn' und 'Flottensteuerung' richtigerweise zusammen behandelt; beide vor dem Hintergrund des am 20.11.2013 durch die Bremer Verwaltung in Auftrag gegebenen Gutachtens zur wirtschaftlichen Lage des Taxigewerbes im Land Bremen. Eingesetzter Gutachter ist hierbei wie bei einer Reihe von bereits durchgeführten Bewertungen der Situation in anderen bundesdeutschen Städten 'Linne & Krause'. Schwerpunkt einer Betrachtung sind gem. Fred Buchholz die zukünftige Entlohnungsform sowie die Entlohnungshöhe im Gewerbe neben der Frage, ob in Bremen bereits zu viele Taxis konzessioniert sind.
Fred Buchholz ging in diesem Zusammenhang auf § 3 des Fahrpersonalgesetz ein, innerhalb dessen das Verbot von Akkordlöhnen festgelegt ist. Seiner Meinung nach sei die Rechtslage jedoch "nicht abschließend geklärt". Zusätzlich erfolgt ein Verweis auf eine ältere Drucksache VI/1060 des Bundestages von 1970 (!), die nach Aussage von Fred Buchholz keine Anwendung auf das Taxigewerbe sieht. (Eine solche Aussage findet sich in dieser Drucksache jedoch nicht, Anm. d. Red.) Weiterhin warf Fred Buchholz die Frage nach dem 'Mindestlohn als Jobkiller' auf und nennt für den Fall eines Mindestlohns von EUR 8,50 die rechnerische Notwendigkeit von Tariferhöhungen um 33 % oder alternativ 25 % weniger Taxen.
Leider fehlt an dieser Stelle, wie auch bei allen anderen genannten Statistiken und Zahlen, jeder nachvollziehbare Beleg oder ein Nachweis über erhobene Daten, Zahlen und Fakten, womit der Zuhörer schlicht glauben muss, was er hört. Fred Buchholz bestätigte Stand der Veranstaltung 547 in Bremen konzessionierte Taxen.
Das (nach unbestätigten Aussagen) ca. 60.000 bis 70.000 € teure Gutachten soll, so die Planung, von der Stadt Bremen beauftragt und bezahlt werden. Der Vorsitzende des Taxi-Ruf bestätigte, dass ein Lenkungsausschuss gebildet wird, der aus folgenden Parteien besteht:
- Aufsichtsbehörde
- 3-4 Halter
- Handelskammer
- Gutachter Linne & Krause
Weder wird jedoch dargelegt, wer diesen Lenkungsausschuss zu welchem Zweck ins Leben rufen wird, aufgrund welcher Kriterien die Zusammensetzung erfolgt und welches Mandat damit überhaupt
gehalten wird. Die Dauer bis zum Vorliegen von Ergebnissen wurde auf 7-9 Monate geschätzt.
Halter sollen im Rahmen des Gutachtens Fragebogen bekommen, innerhalb derer Erhebungen zu Wirtschaftlichkeit, Leistungsnachweisen, KM, etc. vorgenommen werden soll. Zur Erreichung des
repräsentativen Charakters seien 95% Rückläufer notwendig. Fred Buchholz bot in diesem Zusammenhang den TR als Empfänger, Weiterleiter und gleichzeitig als inoffiziellen Registrierer der
Rückläuferquote an.
Zum Thema 'Flottensteuerung nahm das Aufsichtsrat-Mitglied Bernd Senz Stellung und bestätigte, dass im Aufsichtsrat des TR eine Kommission aus 5 Personen gebildet wurde, die sich mit dem Thema beschäftigt. Zudem beträfe jede Maßnahme allein Mehrwagenhalter, deren Engagement allein auf Freiwilligkeit beruhen könne. Als jedoch konkrete Modelle und offenbare Zahlen über die bisherigen Schlüsse (Finanzierung) dieses Gremiums vorgestellt werden sollten, wurde der Bericht durch den Vorsitzenden des TR unterbrochen. Man wünsche keine 'Spekulationen über Zahlen' und keine 'Summenspiele'. Auf ausdrückliche Nachfrage ergänzt Ingo Heuermann die bestehenden Möglichkeiten, ohne jedoch Zahlen zu nennen:
Leider fehlten der Zuhörerschaft somit jede Transparenz der bisherigen Kommissionsarbeit sowie Gewissheit über den Sachstand diskutierter oder vielleicht gar nicht bestehender Konzepte.
Zum Schluss wurde seitens Fred Buchholz zum Thema des "Krankenkassenvertrages" mit leider wenig glaubwürdiger Entrüstung dargelegt, dass der in den 90ern geschlossene Vertrag keine Preisgleitklausel enthält und damit entweder im Ganzen gekündigt werden könne oder schlicht einzuhalten wäre. Außerdem wird auch seitens der anwesenden Halterschaft die Sorge vor Konkurrenten geäußert, die entweder (und traurig genug) aus den eigenen Reihen stammt (und die offenbar ohne jedes kaufmännische Gespür unterbietet) oder z. B. in Gestalt des Unternehmens 'Sonnenschein' besteht.
Dabei stellen sich dem Zuhörer leider folgende unbeantwortete Fragen:
Auch wenn dies keine Veranstaltung des TR war, repräsentiert die Mehrheit der Halter angeschlossene Unternehmen. Was unternimmt also der Taxi-Ruf gegen das Einschlachten von Kunden und Touren und gegen das Unterbieten bestehender Konditionen (beides im Übrigen ausdrücklich vertragswidrig mit Blick auf die Verpflichtungen der Halterschaft gegenüber dem TR)?
Welche Fakten und Daten können angeführt werden, um die Szenarien der bereits kündigungswilligen Ersatzkassen (Aussage FB) zu untermauern?
Welche Nachweise gibt es über das Volumen der Krankenkassenaufträge und
der getroffenen Aussage, dass lediglich 2-3 Prozent der Aufträge Ferntouren
wären, die nicht nach Uhr gefahren würden?
Und wie lässt sich vor dem Hintergrund des offenbar ausschliesslich geltenden Vertrages erklären, dass diverse Halter nach eigener Bestätigung direkt und nicht nach diesem Werk mit den Krankenkassen abrechnen?
Wer bewertet, welche Auswirkungen diese Sondervereinbarungen auf die Löhne der Fahrerschaft haben?
Das Fazit dieser Veranstaltung ist insofern bedauerlich, da weder Redner, noch Halterschaft die Fahrerschaft in ihre Erwägungen mit einbezogen haben. Welchen Stellenwert hat diese also für den Halter? Es darf absolut bezweifelt werden, dass die kommenden Herausforderungen mit den heutigen Planungsständen der Verantwortlichen und den Einstellungen der Halterschaft überhaupt bewältigt werden können. Die Halterschaft zeigte sich auf dieser Veranstaltung leider schlecht informiert, kritiklos, gutgläubig und -vielleicht auch- desinteressiert.
Von "sinnlos" bis "Dummes Zeug" reichten die Beurteilungen von anwesenden Taxiunternehmern. Weder substantielle neue Informationen scheint es gegeben zu haben, und leider schon gar kein ausbaufähiges Roh-Konzept. Einigen Mitgliedern der Interessengemeinschaft blieb diese Veranstaltung (siehe IG-Info) erspart: Ihnen wurde "aus formalen Gründen" vom Vorsteher der Taxi-Zentrale Ingo Heuermann der Zutritt verweigert.
Ein Betriebswirtschaftler aus dem Gewerbe kommentiert für uns Fußvolk vorab. Ein weiterer Bericht wird folgen.
Statt weitreichender Informationen, Problemschilderungen, Analysen und konkreter ausgewogener Konzepte wurde den anwesenden Haltern lediglich eine Beruhigungspille verabreicht.
Der informierte Zuhörer kam schlichtweg aus dem Staunen nicht heraus, hätte er doch alle Informationen bereits im Internet finden können; wenn er sie nicht ohnehin schon besäße. Was nützt einem Unternehmer jetzt noch ein Rückblick auf die Historie des Fiskaltaxameters…? Allgemeine Beschreibungen des bereits Bekannten reichen nunmehr nicht mehr aus.
Stattdessen hätten wir vom hochdotierten ersten Mann Fred Buchholz ein strategisches Entwicklungskonzept für die Zukunft des Bremer Taxengewerbes erwarten können, in dem mit einem weitreichenden Ausflug in die Zukunft, und unter Abwägung aller relevanten Umstände, ein brillanter Ausweg aus der drohenden Krise skizziert wird.
So etwas hätten wir von einem ehemaligen Vorsitzenden eines großen Bundesverbandes jedenfalls erwarten können. Die dazu gegründete Kommission beim Taxi-Ruf Bremen wird noch einmal tagen müssen.
Doch leider mußten wir feststellen, daß diese Analyse noch nicht stattgefunden hat. „Man warte noch auf die Ergebnisse eines externen Gutachten“ hieß es lapidar. Und wieder einmal hat das Taxengewerbe in Bremen schlichtweg verschlafen…