Zunächst war alles sehr heiß gestrickt, das war nicht zu verleugnen. Da hat man sich gehörig die Finger verbrannt und daraus gelernt: Der Taxi-Ruf möchte bei seinem Ausweg jetzt nichts mehr überstürzen und die Führungsetage des Callcenters muss mindestens 14 Wochen nachdenken. Immerhin, es hat ein Lernprozess eingesetzt, und „Lernen ist eine freiwillige Sache“, wie neulich jemand niederschrieb. Andererseits fasste man auf der letzten Aufsichtsratssitzung am 11.09. leider doch noch keine Beschlüsse zur Kursänderung. Die Zwangsschulung hat sich zwar bereits erledigt, aber man sucht anscheinend nur noch nach einem Ausweg ohne größere interne politische Schäden.
Derzeit sind die Schulungen „vorerst ausgesetzt“, aber ob weiterhin neue Zwangsverträge unterschrieben werden müssen, ist uns nicht bekannt (bisher war das noch so). Seit dem letzten Treffen am 13.08. zwischen IG-Mitgliedern und Führungsetage des TR warten hunderte von Bremer Taxifahrern auf eine verbindliche Aussage. Möchte der TR mit der Weiterführung seiner Zwangsverträge (und damit doch Festhalten an Schulungen) den Streit zwischen Fahrern und Taxi-Ruf ausweiten - oder ist er zu Korrekturen im Stande. Da es keine wirklichen Neuigkeiten vom Taxi-Ruf gibt, können wir leider nur weiterhin dazu aufrufen, keine Verträge bzw. Vertragsverlängerungen des Taxi-Rufs mehr zu unterschreiben. Vom Funk sperren kann man euch deswegen nicht!
Unser Tip: Unterschreibt beim Taxi-Ruf besser gar nichts mehr!
Betroffene können sich gerne bei uns melden oder die kostenlose Rechtsberatung (ggf. gegen geringe Gebühr) der Arbeitnehmerkammer Bremen in Anspruch nehmen. Einen Beispiel-Vertrag, laut TR die derzeit vertriebene Version, haben wir für euch hinterlegt: [LINK]. Solcherlei Verträge sind natürlich Mitbestimmungspflichtig. Hierzu gibt es keine Einigung, also muss dieser Vertrag NICHT unterschrieben werden!
Währenddessen arbeiten wir natürlich weiter, nicht nur an der Lösung dieses Problems mit den Zwangsverträgen. Nötigenfalls wird es wohl mal wieder juristisch geklärt werden müssen und die Gestattungsverträge als solche gerichtlich aus dem Weg geschafft werden. Im Sinne einer friedlicheren Zukunft wäre ein Einlenken des TR allerdings auch unsere Vorzugsvariante.
Was bisher geschah:
Der Aufsichtsrat des Unternehmerzusammenschlusses trat am Dienstag, den 11.09.12 zusammen, um über die von uns, von der Fahrervertretung, aufgeworfenen Probleme zu beraten. Nach eigener Auskunft debattierte man angeregt – und offenbar auch ergebnislos.
Ein weiteres mal hatten wir am 13.08. dem TR unsere bekräftigten Positionen auch schriftlich zukommen lassen [Link]. Beim Treffen am 13.08. wurde noch einmal nachgefragt, inwieweit der Taxi-Ruf sich auf die Positionen der Fahrer zubewegen könne. Das erste Positionspapier überreichten wir dem TR bereits am 17.07. (http://www.ig-bremer-taxifahrer.de/intern/ralf/16-07-2012-treffen-chilli-club/).
Mithin sind seit dem bereits zehn Wochen ohne Entscheidung vergangen. Bezieht man die Zeit seit der Amtsgerichtsverhandlung am 21.03. mit ein, kommt man auf eine Bedenkzeit von einem halben Jahr. Eine Zeit, die den Granden anscheinend nicht ausreicht. Man geht nun in die Nachdenk-Verlängerung. Hinhalten wolle man die Fahrer aber nicht, so Ingo Heuermann.
Nach Auskunft vom 13.08. des ersten Vorsitzenden des TR, Fred Buchholz, seien die Schulungen ersatzlos abgesagt worden. Der Grund dafür sei mangelnde Beteiligung, denn nachdem auf unmittelbare Zwangsandrohung nach Protesten aus der Fahrerschaft verzichtet wurde, haben sich nur vereinzelte Fahrer zu „Schulungen“ angemeldet. Neuanmeldungen von Interessenten für den Beruf als Taxifahrer beim Taxi-Ruf gab es nur wenige und auch nur eine sehr kleine Zahl von Fahrern, die wegen „Fehlverhaltens“ von der hauseigenen Disziplinarkommission zu diesen Veranstaltungen verpflichtet wurden. So kämen in einem Quartal kaum ein halbes Dutzend Personen zusammen, so dass sich diese fünf Schulungsmodule mangels Beteiligung nicht sinnvoll durchführen ließen. Aus diesem Grunde ist der Ansatz an sich bereits gescheitert. Man müsse dies aber erst im Aufsichtsrat klären.
Zu Deutsch: Ohne Zwang ist eigentlich niemand bereit, sich vom Taxi-Ruf belehren zu lassen und man sucht nun nur noch einen Ausweg mit möglichst kleinem politischem Schaden. Schaden möchte die IG niemand, aber für einen Ausstieg aus der Sackgasse ist die Zeit wirklich überreif.
Die Vertreter der IG wiesen weiter daraufhin, dass die neuerliche Abänderung der einseitig diktierten „Gestattungsverträge“ hinsichtlich der „Schulungen“ nur eine formale Umgehung der festgestellten Rechtslage sei und keinesfalls hingenommen würde. Da die Gestattungsverträge auch nach dem gerichtlichen Vergleich planmäßig missbraucht werden sollten, in dem sie einen Zwang zur regelmäßigen Schulung ohne Klärung der Kostenübernahme festschrieben, werden sie von der Fahrerschaft in Zukunft nicht mehr geduldet. Den vom Ablauf des Vertrages betroffenen Fahrern droht der TR an, ohne Zustimmung zum geänderten Vertrag keine Funktouren zu vermitteln (vulgo: die Einkommensbasis zu entziehen). Ein in unseren Augen illegales Verhalten des TR.
Die Fahrervertreter machten am 13.08. (ebenfalls nochmals) darauf aufmerksam, dass es dringend geboten sei, dass die Beschäftigungsverhältnisse auf rechtlich einwandfreie Füße gestellt werden. Nicht wenige arbeiten derzeit ohne schriftliche Arbeitsverträge, und wie viele Personen schwarzarbeiten, sei dahin gestellt. Für den Taxi-Ruf Bremen war der flächendeckende Verzicht auf die simpelsten arbeitsrechtlichen Erfordernisse seiner Mitglieder jedoch kein Hinderungsgrund, die bei seinen Mitgliedern angestellten Fahrer noch einmal mit einem Zwangsvertrag zu knebeln. Ein fragwürdiges Konstrukt, und ein sehr fragwürdiges Verhalten des Monopolisten.
Die Einführung schriftlicher Arbeitsverträge könnte stattdessen, so unsere vorgetragene Position, seitens des Unternehmerverbandes Taxi-Ruf gefördert werden. Diese auszuhandelnden einheitlichen Arbeitsverträge könnten dann auch eine Regelung über eine bessere ausgearbeitete Weiterbildung der Fahrer beinhalten, sowie sie gleichzeitig die Bedürfnisse des TR bei Funkzulassung oder Disziplinarordnung erfüllen helfen könnten. Der TR selber sei damit überfordert und könne seinen Mitgliedern keine derartigen Auflagen machen, so lautete sinngemäß die Entgegnung. Vielmehr würden gar keine Gestattungsverträge mehr gebraucht, denn ohne Schulungszwang wären diese nicht notwendig. Auch damit müsse sich erst der Aufsichtsrat damit befassen.
Der Monopolist kämpft auf verlorenen Posten, aber wir wollen ihnen einen geordneten Rückzug erlauben. Nur müsste dann auch mal jemand nach 10 Wochen mit dem Rückzug anfangen. Bislang gab es auch hierzu am 11.09.12 keine Beschlüsse, die nach außen gedrungen sind.
Zu den formulierten Fragen über die soziale und wirtschaftliche Situation der Fahrer wie einiger Taxiunternehmer wollte der Taxi-Ruf sich nicht äußern. Man dürfe den Taxi-Ruf nicht überschätzen, hieß es am 13.08. Im Raum stehen vielfältige regelmäßige Überschreitungen der Arbeitszeiten und eine sittenwidrig niedrige Entlohnung auf Provisionsbasis, die nicht zuletzt dadurch entsteht, dass die Unternehmer immer mehr Taxis in verkehr bringen. Fiskaltaxameter und Verbot des Akkordlohns sind absehbare oder bereits begonnene Änderungen mit erheblichem Einfluss auf das Gewerbe. Der große Unternehmerverein aus Bremen hat dazu nichts mitzuteilen.
Am 11.09. bittet der Tourenvermittler nochmals um Geduld, bis die Granden des Bremer Taxiunternehmerverbandes fertig sind mit denken. Man wolle aber in etwa vier Wochen, noch vor dem Start des Freimarktes, dazu Beschlüsse fassen, so Heuermann. Dann wären wir bei 14 Wochen seit dem ersten Treffen im Juli oder bei sieben Monaten seit der Gerichtsverhandlung im März.
Untätig abwarten werden wir das (offene) Ergebnis dieses Denkprozesses nicht. Fortsetzung folgt...
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PS: Die Mitgliedschaft in der IG Bremer TaxifahrerInnen ist immer noch kostenlos und jederzeit ohne Fristen kündbar. Zeig auch du dich solidarisch und werde Mitglied. Wir finanzieren uns übrigens von Spenden! Wer etwas geben möchte, kann sich z.B. über das Kontaktformular der Webseite an uns wenden oder die Kollegen direkt ansprechen...