VON STEFFI URBAN
Bremen. Die Situation scheint verfahren: Ein Teil von Bremens Taxifahrern fühlt sich durch den zentralen Tourenvermittler Taxi-Ruf gegängelt. Dieser wiederum sieht seinen Fortbildungszwang und die neuen Sperrzeiten als Teil einer Qualitätsoffensive. Zu einem klärenden Gespräch zwischen beiden Seiten ist es bis heute nicht gekommen.
Die eine Seite, die Interessenvertretung der Taxifahrer, spricht von „Arroganz nach Gutsherrenart“. Die andere Seite, der Taxi-Ruf, will sich keine Bedingungen für ein Schlichtungstreffen auferlegen lassen.
Was ist geschehen? Seit einem halben Jahr verlangt die Vereinigung Taxi-Ruf, die für rund 210 Taxi-Unternehmen zentral die Touren vermittelt, von den Fahrern, dass sie regelmäßig an Schulungen teilnehmen müssen. Was Marco Bark, Vorstandsmitglied der noch jungen Interessengemeinschaft (IG) der Taxifahrer dabei so auf die Palme bringt: „Zum einen müssen wir die Kosten für die Schulungen selbst tragen, was unüblich ist. Zum anderen sollen wir Fortbildungen in unserer Freizeit absolvieren. Das geschieht normalerweise in der Arbeitszeit“. Weigere sich ein Fahrer, werde er für die so genannten Funktouren gesperrt. „Das bedeutet spürbare Umsatzeinbußen“, weil man dann etwa nur noch Einsteiger an der Straße befördern könne, erläutert Bark und ergänzt: Inzwischen seien 50 Taxifahrer gesperrt worden.
Um sich mit vereinter Kraft dagegen zu wehren, wurde Mitte April die Interessengemeinschaft gegründet, die sich gleich einem weiteren Problem gegenüber sah: Wer zu viele Touren ablehnt, kann wiederum bis zu einer Stunde für die Fahrtenvermittlung gesperrt werden.
Bark sucht nun mit der IG das Gespräch mit Taxi-Ruf, und zwar „auf Augenhöhe“, wie er sagt. Das bedeute, dass man sich erst an einen Tisch setze, wenn die Sperrungen für die 50 Fahrer aufgehoben werden.
„Wir sind grundsätzlich gesprächsbereit“, betonte derweil am Freitag Ingo Heuermann vom Taxi-Ruf Vorstand. Allerdings verstehe man unter Augenhöhe nicht, dass eine Partei Bedingungen an ein Gespräch knüpft. Dies habe man auch der IG am Mittwoch auch in einer E-Mail mitgeteilt. Zudem erklärte Heuermann, dass gar nicht die rede davon sein könne, dass die Taxifahrer die Schulungen selbst bezahlen müssten. Sein Stand sei, dass über 90 Prozent der Taxi-Betriebe für die Schulung ihrer Mitarbeiter aufkämen.
Gleichzeitig habe Taxi-Ruf reagieren müssen, weil es massive Beschwerden der Kunden über zu lange Wartezeiten gegeben habe. Laut Heuermann sind vermehrt unattraktive Fahraufträge, die nur wenig Geld einbringen, zurückgewiesen worden, teilweise bis zu zehnmal am Tag. Daher habe man beschlossen, Fahrer, die innerhalb von 24 Stunden mehr als drei Touren nicht annehmen, dann eine Stunde zu sperren.
Bei Netto-Löhnen der Fahrer von unter 1000 Euro [als reiner Provisionslohn, Anm. der IG] gehöre schon ein gewisser Realitätsverlust dazu, den Fahrern pauschal Arbeitsverweigerung zu unterstellen, so Bark.
Heuermann scheut eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung nicht: „Zwar ist man vor Gericht und auf hoher See in Gottes hand, aber wir halten unsere Maßnahmen für recht- und verhältnismäßig“.